Alte Sitte Eidring

Frühjahrsblót

Tiwaz Berkana Ehwaz

Inhalt

Schneeglöckchen, die ersten Frühlingsboten.

 

Allgemein

Frühlingsstürme, Schnee, Regen und Sonnenschein - die Natur erwacht aus ihrem Winterschlaf. Jetzt fängt das Samenkorn an, aus dem dunklen Grund zu sprießen und sichtbar zu werden. Die Weiden und Hasel blühen und die ersten Frühlingsboten, Schneeglöckchen und Schlüsselblumen, zeigen sich in ihrer zarten Schönheit. Der Frühling gewinnt an Kraft und alles fängt an zu wachsen. Die zugeordneten Runen (von Stilkam) verweisen auf die Parallele zum Herbstfest:

Tiwaz = Himmelsvater und Berkana = Erdmutter / Ostara, die in dieser Zeit eine Vereinigung (Ehwaz) eingehen.

Unbestritten feierten germanische Stämme ein Frühlingsfest. Diese Tatsache zu relativieren oder gar durch allerhand Bedenken zu erodieren, erfreut sich einiger Popularität. Aber wen wundert's? Es ist eine alte Masche. Schon in früheren Zeiten war man bemüht, die ursprünglichen Sitten durch christliche Feste zu überlagern oder zu ersetzen (speziell Osterbräuche siehe Christianisierung der Angelsachsen, erwähnt bei Gregor der Große (Papst Gregor I.), Augustinus von Canterbury, auch Bonifatius). Gemeint sind in diesem Zusammenhang speziell die Bemühungen der Kirche. Das Datum des christlichen Osterfestes wurde übrigens auf dem Konzil von Nicäa im Jahre 325 n.u.Z. auf den ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond festgelegt.

In früheren Vorstellungen lagen die beiden Gewalten des Winters und des Sommers in einem fortwährenden Wettstreit: die lichte, fruchtbare Lebenskraft mußte den dunklen, alles erstarrenden Winter besiegen. Unter damaligen Lebensbedingungen konnte der Winter existenzbedrohende Auswirkungen haben. War sein Ende in Sicht, wurde er an vielen Orten in Form einer Strohpuppe auf dem festlichen Feuer verbrannt. Die erwachende Sonnenkraft, die der Erde Leben und Fruchtbarkeit zurückbringt, stellte man sich als junge Frau vor, als wiederkehrende weiße, ja hellstrahlende Göttin. Ihr heiliger Baum ist die Birke.

Festzeitpunkt

Als Festzeitpunkt des Frühjahrsblóts, sei es nun speziell Ostara, Nerthus oder das Várblót, setze ich die Frühjahrstagundnachtgleiche um den 21. Lenzing an. Allerdings sei auch gesagt, daß sich ein genauer Festzeitpunkt generell durch nordische Quellen so gut wie nicht zuverlässig und überzeugend bestimmen läßt. Damit muß man einfach leben, beziehungsweise versuchen, dieses Defizit so gut und sinnvoll wie möglich auszugleichen. Klar, daß es hierbei zu verschiedenen Standpunkten kommen kann, weil unterschiedliche Interpretationen ihre jeweils eigenen Ergebnisse liefern.

Und daher ist es auch möglich, daß andere durchaus einen anderen Termin annehmen, zum Beispiel durch Berechnung des Thingzeitpunkts  für das VárÞing (das mit dem Várblót verbunden ist) nach altisländischen Regeln. Andere feiern auch am Vollmond nach dem 21. Lenzing, so daß das Fest oft in den nach ihm benannten Monat fällt (Eosturmonath). Zautner legt beispielsweise das Várblót und Eostre an den Sommeranfang „at sumri“ mit dem Sigrblót zusammen. Dem kann ich keineswegs folgen, weil ich die Aspekte dieses Festes hauptsächlich mit  dem jungen, aufsteigenden Licht in Verbindung bringe, das zur Tagundnachtgleiche genau im Osten aufgeht (Austrô). Auch die mit Segen, Licht und Wohlstand assoziierte Göttin der vedischen Mythologie Ushas, sowie andere Göttinnen wie die römische Aurora und griechische Eos lassen im indogermanischen Kontext vergleichende Rückschlüsse zu.

Ecker sieht es hingegen als problematisch an, Ostara mit der zur Frühjahrstagundnachtgleiche exakt im Osten aufgehenden Sonne in Verbindung zu bringen, weil das im Herbstpunkt  ja ebenso passiert. Damit hat er rein astronomisch gesehen selbstverständlich recht, genau wie man auch die rötliche Färbung des östlichen Himmels vor dem Sonnenaufgang zu jeder Jahreszeit beobachten kann. Ich denke aber, daß man den Kontext nicht außer Acht lassen darf: Nach den langen Wintermonaten, in denen das Leben wie tot in dunkler Erde ruhte, gewinnt alles wieder an Kraft und fängt an zu wachsen - begleitet von der jungen Frühjahrssonne, die in allmorgendlicher Röte erwacht. Auch im Herbst erreicht sie wieder ihren östlichen Punkt, aber hier ist sie nicht mehr das junge Licht, das mit ihren wärmenden Strahlen die Saat aktiviert und die Lebenskräfte der fruchtbaren Erde entfaltet. Eostra - Austrô - Ostara ist jene, die im neuen Jahreskreis erstmals den Frühlingspunkt erreicht.

Leuchtend tritt Eostre aus dem Morgengrau empor.

Weitere Impressionen (Flickr-Album)

Eostra / Ostara

Eostra ist der Name der Göttin des frühlingshaften Erwachens der Fruchtbarkeit, die dem Eosturmonath (althochdeutsch ōstarmânōt, April) seinen Namen gibt. Sie ist die Göttin des strahlenden Morgens, der Morgendämmerung, der Morgenröte und des aufsteigenden Lichts.

Beda Venerabilis (673-735), angelsächsischer Benediktinermönch und Historiker, erwähnt Eostra  im fünfzehnten Kapitel seiner Anfang des 8. Jahrhunderts verfassten Abhandlung zur Chronologie ‚De temporum ratione‘.

Eosturmonath, qui nunc paschalis mensis interpretatur, quondam a dea illorum, quae Eostrae vocabatur, et cui in illo festa celebrabant, nomen habuit; a cuius nomine nunc paschale tempus cognominant, consueto antiquae observationis vocabulo gaudia novae solemnitatis vocantes.

Der Eosturmonath, der heute als Passahmonat bezeichnet wird, hat seinen Namen von einer ihrer [der heidnischen Angelsachsen] Göttinnen, die Eostre hieß und zu deren Ehren Feste gefeiert wurden, heute bezeichnen sie die Passahzeit mit deren Namen, wodurch mit dem Namen der alten Bräuche die Freuden der neuen Feierlichkeit benannt werden.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts griff der deutsche Sprach- und Literaturwissenschaftler Jacob Grimm auf diese Stelle zurück und leitete daraus, in Zusammenhang mit dem althochdeutschen Osterfestnamen Ôstarûn, den Namen Ostara ab.

Interessant ist, daß Ostern als Begriff nur im deutschen und englischen (Easter) Sprachbereich gebräuchlich ist. Andere Sprachen haben den Osterfestnamen dem kirchenlateinischen pascha entlehnt, wie zum Beispiel niederländisch Pasen oder schwedisch påsk. (Duden, Etymologie der deutschen Sprache)

Im skandinavischen Bereich ist Eostra / Ostara gar nicht zu finden. Ostaras nordgermanische Entsprechung könnte Idun sein, die die Äpfel der Jugend für die Götter verwahrt. Denkbar wäre auch, daß Freya mit dem Fest in Verbindung steht. Der Hase ist das heilige Tier Ostaras, Gundarsson vermutet, daß er nur zu diesem Fest gegessen werden durfte. Dazu paßt, daß im Jahr 755 das Essen von Hasenfleisch durch Bonifatius und Papst Zacharias verboten wurde (nach Monson / Briswalter). Später wurden dann auch Kuchen und Brote in „Hasenform“ gebacken („Gebildebrote“), was z.B. auch zum Julfest üblich ist. Weiterhin sind die uns noch wohlbekannten Ostereier ein uraltes Fruchtbarkeitssymbol. Sie wurden wohl schon in früher Zeit auch gefärbt, aber wohl erst in jüngerer Zeit mit dem Hasen verbunden. Zum Färben mit natürlichen Substanzen lassen sich unter anderem Rotholz, Krappwurzel, Kamille und Schachtelhalm verwenden.


Maier sieht das alles kritischer, er schreibt, daß Bezeichnungen wie "Osterei" und "Osterhase" erst im 17. Jahrhundert bezeugt sind und daß man die damit verbundenen Vorstellungen von christlicher Motivik ableiten könne. Das (christliche) Osterlamm kann eventuell als Umdeutung des "Thorswidders" gesehen werden, der zu Ehren Thors geschlachtet wurde.
Ein weiterer Brauch ist das Ostarawasserholen. Wasser, das man am frühen Morgen des Ostarafestes von einer Quelle im Wald holt, soll besondere Kräfte haben. Das gleiche gilt für die Asche des Ostarafeuers. Denn zu Ostara wurden große Feuer angezündet, mit deren Wärme und Helligkeit man dem Winter zeigen wollte, daß er nun gehen müsse.

Anrufungen

Die Erde bitt ich und den Oberhimmel:
Erke, Erke, Erke Erdenmutter
Es gönne(n) der allwaltende ewige Herrscher (die allwaltenden ewigen Herrscher),
Daß die Äcker grünen und gedeihen,
Voll werden und sich kräftigen,
Er (sie) gönne(n) Garben
Und des Roggens Wachstum
Und des weißen Weizens Wachstum
Und aller Erde Wachstum -
Heil sei dir, Erdflur, der Irdischen Mutter!
Sei du grünend in Gottes (der Götter) Umarmung,
Mit Frucht gefüllt den Irdischen zu frommen.
   [Angelsächsischer Flursegen; nach Strobel, Änderungen V. Wagner]


Ostara, Ostara, Erdenmutter,
Gönne diesem Acker
Zu wachsen und zu werden,
Zu blühen und Frucht zu bringen. Friede ihm!
Daß die Erde gefriedet sei
Und daß sie geborgen sei
Wie die Götter,
Die in Asgard sind.

Das Heilige Fest, S. 107, nach einer Handschrift aus dem Kloster von Corvey, zitiert von Gorsleben und geringfügig angepaßt von Steinbock.

Hinweise

Ich möchte auf den von Kurt Oertel verfaßten Artikel „Göttin Ostara?“ hinweisen, zu finden auf der Webseite des Eldaring e.V. .

Ein schönes Buch zum Thema wurde vor einiger Zeit auch vom Arun-Verlag herausgebracht, mit dem Titel „Ostara – Zeremonien und Brauchtum zu Fasnacht, Ostern und Hohe Maien“.

Nerthus / Nerthusumzug

Weitere Stichworte: Nerthusfeier, Nerthuskult, Flurumgang

Der römische Historiker Publius Cornelius Tacitus berichtet um 100 n.u.Z im Kapitel 40 seiner Germania von einer germanischen Göttin, die gemeinsam von einer Kultgemeinschaft ingwäonischer Stämme verehrt wird. Dies ist Nerthus, wie er schreibt, die Mutter Erde (Terra mater). Auf einer Insel im Meer soll sich ihr Heiligtum befinden, das sie auf ein bestimmtes Zeichen hin verläßt, um von Priestern auf einem Wagen in einer feierlichen Prozession umhergefahren zu werden. Dieses Zeichen könnte die aufblühende Vegetation im Frühjahr sein. In dieser Zeit herrscht Friede. Und bevor Nerthus in ihr Heiligtum zurückkehrt, wird sie samt ihrer Gerätschaften in einem heiligen See gewaschen. Die Diener, welche die Göttin gesehen haben, werden hernach vom See verschlungen (also vermutlich ertränkt).

Die Frage ist nun, was wir aus den vorliegenden Informationen machen und wie wir sie in unsere Jetztzeit übertragen? Wollen wir mit Familie und Freunden, scherzhaft gefragt, einen Kultwagen über unser Grundstück ziehen? Wahrscheinlich eher nicht. Aber denkbar wäre zum Beispiel ein Nerthusfest, vielleicht zusammen mit einem Flurumgang in Form einer rituellen Begehung des eigenen Grundstücks, Gartens oder Kultplatzes. Im Mittelpunkt steht das Heil, das sich aus dem emposteigenden Leben des neuen Jahres auf alles ausbreitet. Vor einigen Jahren stellten wir in einem Wald ein großes Astgabelidol auf, das wir der Nerthus weihten. In so einem Fall könnte ich mir als rituellen Umgang auch eine Art schweigende Kurzwanderung durch den Wald vorstellen. Sowas wäre im Grunde eine andere Ritualform als ein stationär abgehaltenes Blót, das man meist an einer Stelle stehend verbringt. Ein paar weiterführende Gedanken sind dazu auf der Seite Kultprozessionen zu finden. Und zur Nerthus speziell auf dieser Seite.

VárÞing / Várblót

Der Göttin Vár sind alle Treuegelöbnisse heilig, sie ist die nordgermanische Göttin der Liebe und Ehe. Sie schützt alle Bindungen, die Mann und Frau miteinander eingehen. Snorri Sturluson schreibt in Kapitel 35 seiner Gylfaginning:

Die neunte, Var, lauscht auf die Versprechungen, die Männer und Frauen austauschen, und die  daher várar (Treuegelöbnisse; Einzahl vár) heißen. Und sie nimmt Rache an jenen, die sie brechen.

In der Þrymskviða (Thrym-Lied, Kapitel 30) ist es Vár, welche die Ehe weiht:

Da sprach Thrym, der Herr der Riesen: Her mit dem Hammer, zu weihen die Braut! Leget Mjöllnir der Braut in den Schoß! Gebt uns zusammen im Namen der Vár!

In der Grágás, dem altisländischen Rechtsbuch, wird unter anderem die Thingordnung beschrieben. Es wird zwischen zwei Arten von Thingzeitpunkten unterschieden: Die regelmäßigen, im Jahresverlauf festgelegten Thinge. Und die nicht festgelegten, nach Bedarf stattfindenden Thinge. Während also das Gesamt-Thing für die ganze Insel das alÞing (Althing) in Thingvellir war, fanden in den isländischen Landesvierteln einzelne Frühjahrsthinge (várÞing) und Herbstthinge (haustÞing) statt.

Nun darf man sich aber nicht irritieren lassen: Vár begegnet uns in zwei Zusammenhängen, einmal als Göttin und einmal als jahreszeitliche Bezeichnung für den Frühling. VárÞing meint allein Frühjahrsthing, genau wie haustÞing allein Herbstthing bedeutet.

Um die Irritation noch ein wenig zu steigern: Parallel zum Namen der Göttin Vár lassen sich an einigen Stellen in der skaldischen Dichtung auch Anklänge des Wortes Vǫr finden, was nach de Vries sehr vage als "die Vorsichtige" oder "Geliebte" gedeutet werden könnte. Allein aus diesem Anhaltspunkt leiten nun manche eine nordgermanische Frühlingsgöttin ab, mit dem Namen Vǫr oder Vár. Eine Göttin Vör läßt sich beispielsweise auch bei den isländischen Asatru wiederfinden (http://asatru.is/asynjur). Allerdings bleibe ich auf meinem Standpunkt, daß Vǫr oder Vár begrifflich voneinander zu trennen sind und mir eine Frühlingsgöttin Vör einfach zu unsicher erscheint. Immerhin wird auf asatru.is unterschieden zwischen Vár und Vör. Häufiger ist in heidnischen Kreisen jedoch eine pauschale Gleichsetzung zu beobachten: Vǫr meint Vár, also ist Vár die nordgermanische Göttin des Frühlings, was sehr gut zum Várblót paßt. Hm also... das überzeugt mich nicht.

Äquivalent zum várÞing wird nun ein várblót angenommen, weil ein Thing wahrscheinlich auch immer mit einem Opferritual verbunden war. Ähnlich wie es im Verlauf des dísÞing auch ein dísablót gegeben haben wird, oder bei einem haustÞing ein haustblót. Diese Annahme halte ich für legitim, auch wenn mir der Begriff des ‚várblót‘ in den Quellen sonst nicht vorzukommen scheint. Und wie erwähnt finde ich es weniger überzeugend, die Göttin Vár in diesen Zusammenhang als eigenständige Frühlingsgöttin zu stellen. Ich bin der Meinung, daß vár hier lediglich für den Frühling steht. Dementsprechend kann man das Frühlingsfest nordgermanisch 'Várblót' nennen, aber eben nicht, weil hier die Göttin Vár als Frühlingsgöttin verehrt wird (dem haustÞing bzw. haustblót steht ja auch kein Gott ‚Haust‘ vor), sondern weil es die Bezeichnung des Frühjahrsblóts ist.

Quellen und Verweise

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Seiteninfo: 1.Autor: ING | 2.Autor: - | Weitere Autoren: - | Stand: 20.03.2020 | Urheberrecht beachten!