Gamla Uppsala
Der Ort
Uppsala, die heutige Stadt, die früher Östra Aros hieß, und ihr
nördlicher Teil, Alt-Uppsala (Gamla Uppsala) liegen in
Uppland, nordwestlich von Stockholm in Schweden.
[Gamla Uppsala - Google Earth]
Wie schon auf der Birka-Seite erwähnt, gab es einen alten Transportweg
von Birka über Sigtuna nach Uppsala und weiter nach Norden. Somit gehörte auch diese Region
zum kulturellen Zentrum der Frühzeit im östlichen Schweden. Schon für die Jungsteinzeit
sind Funde im Umkreis Uppsalas bezeugt. Der Ort wurde zu einem Handelszentrum und Thingplatz.
Nördlich der heutigen Kirche von Gamla Uppsala liegt die "Terrasse
der Königshalle", wo schon in frühester Zeit die Hallen der Adligen standen.
Heute sind es vor allem zwei Attraktionen, weswegen Menschen nach Gamla Uppsala, dem Alten
Uppsala, kommen: Die Königshügel und die Kirche.
Die Königshügel
Drei mächtige Hügel sind es, die sich westlich des Thinghügels erheben. Während der mittlere Hügel
nie untersucht wurde, fanden sich im Ost- und Westhügel Reste von Brandbestattungen. Im Osthügel
war eine Urne mit verbrannten Knochen und Asche sowie ein kleines Goldblech mit eingefaßten
Granatsteinen. Weiterhin fand man u.a. Kämme, Spielsteine, Nägel und Bärenklauen.
Der Osthügel wird auf das Jahr 500 u.Z. datiert, der Westhügel auf das Ende des 6. Jahrhunderts.
Da man für diese Zeit die Namen von drei Königen weiß, vermutet man, daß in den Gräbern die folgenden
Könige in zeitlicher Reihenfolge bestattet sind:
- Mittlerer Hügel: König Aun oder "Ane der Alte" aus dem Ynglinga-Geschlecht
- Osthügel: König Auns Sohn Egil
- Westhügel: König Egils Enkel Adil
Es wird vermutet, daß im Ottarhügel bei Vendel König Egils Sohn Ottar begraben ist.
Man hat die drei Hügel auch nach den Göttern Thor,
Odin und Freyr
(von Ost nach West) benannt.
Der heidnische Tempel
Vom Chronisten Adam von Bremen wissen wir, daß es in Gamla Uppsala einen heidnischen Tempel der Asen- und Vanenreligion gegeben haben soll ('templum quod Ubsola dicitur'). Der Author hat ihn aber nicht mit eigenen Augen gesehen.
"Dieses Volk verfügt über einen berühmten Tempel, der Uppsala genannt wird und nicht
weit entfernt von der Stadt Sigtuna liegt. In diesem Tempel, gänzlich mit Gold
ausgeschmückt, verehrt das Volk die Bilder dreier Gottheiten. Thor, der mächtigste
von ihnen, hat seinen Thron mitten in der Halle. Zu beiden Seiten von ihm sitzen
Odin und Frejr. Ihnen wird folgende Bedeutung zugeschrieben: Thor, so heißt es,
herrscht in der Luft und gebietet über Donner und Blitz, Wind und Regen, Sonnenschein
und Saat. Odin, das bedeutet Raserei, gebietet über Krieg und schenkt den Menschen
Kraft, ihre Feinde zu bekämpfen. Der dritte aber, Frejr, schenkt den Sterblichen
Frieden und Genuß. Sie versehen sein Standbild auch mit einem mächtigen, aufgerichteten
männlichen Glied. Odin stellen sie bewaffnet dar, wie unsere Landsleute den Mars.
Thor dagegen, mit seinem Zepter, scheint Jupiter zu gleichen. Sie verehren auch zu
Göttern aufgestiegene Menschen, welchen jene als Anerkennung großer Taten
Unsterblichkeit verleihen. In der Lebensbeschreibung des Heiligen Ansgar ist zu
lesen, daß sie so mit König Erik verfuhren.
Allen ihren Göttern haben sie Priester zugeteilt, welche die Opfer des Volkes darbringen.
Droht eine Seuche oder Hungersnot, so opfert man dem Standbild Thors, steht ein Krieg
bevor, dem Odins und wenn eine Hochzeit zu feiern ist, dem Frejr. Jedes neunte Jahr pflegt
man außerdem in Uppsala ein gemeinsames Fest zu feiern, an dem Menschen aller Landschaften
des Svea-Reiches teilnehmen. Niemandem ist es erlaubt, von diesem Fest fernzubleiben.
Könige und Volksstämme, ein jeder für sich sendet seine Gaben nach Uppsala, und wer sich
schon zum Christentum bekennt, muß sich von der Teilnahme an diesen Zeremonien freikaufen,
was weitaus schmählicher ist als jede andere erdenkliche Strafe. Der Opferritus vollzieht sich
auf folgende Weise: von allen Lebewesen männlichen Geschlechts werden neun geopfert, mit
deren Blut man die Götter zu besänftigen gedenkt. Die Leichname werden in einem Hain in
der Nähe des Tempels aufgehängt. Dieser Hain wird von den Heiden als so heilig erachtet,
daß jedem einzelnen Baum göttliche Kraft zugeschrieben wird, als Folge des Todes und
der Verwesung der geopferten Körper. Neben den Menschen hängen dort auch Hunde und Pferde,
und ein Christ hat mir berichtet, er habe dort 72 Körper nebeneinander hängen sehen. Auch
stimmen sie, wie üblich bei solchen Opferriten, unterschiedliche Gesänge an, die, da sie
unanständig sind, am besten mit Stillschweigen übergangen werden."
Adam von Bremen
Der Tempel diente dem Feiern der Jahreskreisfeste und in jedem neunten Jahr dem Begehen eines großen Opferfestes, zu dem Menschen aus allen Landesteilen nach Uppsala kamen. Adam schreibt, daß der Tempel mit Gold bedeckt und von einer Goldkette umspannt war, wobei für letztere wohl die Beschreibung des Tempels von Salomo Vorbild war. Der Tempel soll auf einer von "Bergen" umgebenen Ebene gestanden haben. Das verwendete lateinische Wort "montes" wurde aber auch für Grabhügel verwendet, so daß hier eventuell die Königshügel gemeint sind. Dies wäre eine Bestätigung für den schon immer strittigen Standplatz des Tempels.
Régis Boyer geht davon aus, daß es nie einen Tempel in Uppsala gegeben hat. In seinen Ausführungen zum Hof (bœr) erklärt er, daß der Hof selbst zu bestimmten Zeiten als heilig galt und zu einem großen "Tempel" der Götter wurde, dem der Hausherr vorstand. Boyer meint, daß die ausgegrabenen Pfostenlöcher unter der heutigen Kirche am ehesten zum Hochsitz eines Hausherrn passen, aber keinesfalls einen Tempel darstellen können. Somit wäre das Areal um die Königsgräber am ehesten der Hof eines bedeutenden Bauern / Adligen gewesen.
Weitere Informationen sind auch auf dieser Seite zu finden: Tempel- und Kultanlagen im frühgeschichtlichen Nordeuropa
Die christliche Kirche
Wenn es einen heidnischen Tempel gab, dann hatte er bis um das Jahr 1100 Bestand. Danach
wurde ein christlicher Dom gebaut, der 1130 eingeweiht wurde. Dieses Bauwerk fiel Anfang des
13. Jahrhunderts einem Brand zum Opfer und wurde nur noch als kleine Gemeindekirche wieder aufgebaut,
da der neue Dom in Östra Aros gebaut wurde, dem heutigen Uppsala.
Die westlich der Kirche stehenden Bäume können noch als Reste des ehemaligen Hains gesehen werden.
In ihrer Mitte befindet sich auch eine kleine, kaum noch als solche wahrnehmbare Quelle.
Odinsborg
Odinsborg ist ein Restaurant, das direkt neben Thinghügel und Kirche steht. Erbaut wurde es 1899 von Amy und Albert Levén in einem Stil, der an die Vendel- bzw. Wikingerzeit erinnern soll. Der hier gebraute Met, den man stilecht aus Hörnern trinken kann, geht auf ein altes Rezept aus den 1830er Jahren zurück, das noch heute benutzt wird.
Mein Besuch in Gamla Uppsala
Am frühen Morgen des 4. Scheiding 1997 fuhr ich nach Gamla Uppsala. Das Auto ließ
ich auf dem Parkplatz stehen und betrat die alte Stätte. Zunächst stieg ich auf den
Thinghügel, der als einziger noch betreten werden darf. Welch ein imposantes Bild ist
es, nach Westen über die drei mächtigen Grabhügel zu schauen!
Ich ging zur Kirche, die noch verschlossen war. Von weitem liegt sie eher versteckt
zwischen den hohen Bäumen. Ein paar Jogger waren unterwegs, die den Rundweg um die Hügel in
ihren Morgen-Lauf eingeplant hatten. Diese Runde dauert in normalem Gehtempo ungefähr
eine halbe Stunde. Man kann erkennen, daß die Hügel von den vielen Besuchern beschädigt
wurden. Der Weg über die Hügelkuppen hat sich als tiefe Furche eingegraben.
Auf einem der Grabhügel jenseits des Westhügels blieb ich eine Weile
sitzen und sah zurück zur Kirche, die im Morgendunst lag. Das diesige Wetter erzeugte
eine großartige Stimmung, die die Würde des Platzes hervorhub. Ich machte
auch einen Runenwurf, der sehr interessant war.
Später fuhr ich weiter nach Norden zum Grabfeld Valsgärde und zur Kirche in Vendel, wo
Ende des letzten Jahrhunderts reichhaltige Gräber aus der Zeit ausgegraben wurden, die
man später nach ihnen benannte - die Vendelzeit.
Nachmittags kam ich auf dem Rückweg noch einmal in Gamla Uppsala vorbei und trank in
Odinsborg Met, der dort in Trinkhörnern ausgeschenkt wird. Es ist ein sehr würziger Met,
an dessen Geschmack man sich erst ein wenig gewöhnen muß.
Den Rundweg um die Hügel ging ich auch
noch einmal und sah mir die Kirche von innen an. Anhand der
Zeichnung, die die
verschiedenen Bauschichten der Kirche wiedergibt, konnte ich die Stelle lokalisieren,
an der die drei Idole Thors, Odins
und Freyrs gestanden haben müßten - wenn dies
denn der Ort ist, an dem sich der alte Tempel befand.
Beim Thinghügel konnte ich auch noch die vielbeschriebene Akustik des Geländes erleben.
Einige Kinder, die von oben herunterriefen, waren so laut zu hören, als sprächen sie
durch eine Verstärkeranlage!
Blot im Jahr 2000
Die schwedische Asatru-Organisation (Homepage) hat am christlichen Osterfest ein Opferritual an den Königshügeln abgehalten. Sie sagen, daß es das erste Blot an diesem Ort seit 950 Jahren war. Die Zeitungen haben überwiegend wohlwollend berichtet. Asatrosamfundets eigentliches Vorhaben, am "Altarstein" zu zelebrieren, wurde ihnen jedoch nicht gestattet, was sich nächstes Jahr ändern soll.
Dieser Seite liegt das Büchlein "Gamla Uppsala" des Gemeindekirchenrates Gamla Uppsala zugrunde (Uppsala, 1995). Ergänzt aus verschiedenen Büchern über die Wikingerzeit (s. Seite mit Literatur zu den Germanen).
Seiteninfo: 1.Autor: Stilkam | 2.Autor: ING | Weitere Autoren: - | Stand: 20.03.2020 | Urheberrecht beachten!