Weihungen
Bedeutung
Gottheiten werden um Hilfe angerufen. Auch das Opfer ist eine
Bitte um etwas (Friede, Sieg, Wohlstand...). Diese Handlungen sind
zielgerichtet vom Menschen auf die Götterwelt in der Erwartung,
daß "etwas" zurückkommt.
Dem Weihen liegt ein anderer Ansatz zugrunde. Beim Weihen wird ein bestimmtes
Ding oder eine ideelle Sache zu einem Teil aus der Welt der Menschen herausgenommen
und den Göttern übergeben . Gleichzeitig ist damit die
Erwartung verbunden, daß die göttliche Kraft für unbestimmte
Zeit auf das geweihte Objekt übergeht. So ist zum Beispiel ein
geweihter Hain ein Ort, der ein wenig "jenseits" Midgard liegt und
dem die Kraft des Gottes innewohnt, dem der Hain geweiht wurde. Das ist der gleiche Ansatz,
der dem Kreis anderer heidnischer Strömungen zugrundeliegt und Worten wie
diesen von Starhawk:
"The circle is cast. We are between the worlds, beyond the bounds of time."
Das Geweihte wird "heilig", was de Vries
auf den Punkt bringt: "'heilig' ist, was zu den Göttern in nahe Beziehung
getreten ist."
Thor, der Weihegott
Wir haben viele Quellen, die darauf hinweisen, daß Thor / Donar
der Gott ist, der mit Weihehandlungen verbunden wurde. Hier einige Beispiele:
Auf dem Runenstein von Glavendrup steht "Thur wihi
thasi Runar", also Thor weihe diese Runen. Bemerkenswert ist,
daß Thor eigentlich kein mit Runenwissen verbundener Gott ist. Dennoch
glaubte man wohl, daß er in der Lage sei, die Runen zu weihen.
Auf der Nordendorfer Fibel steht "logathore wodan wigi thonar
awa leubwinie". Hier kann man 'wigi thonar' als Weihe-Thor
oder Thor weihe es deuten.
Neulich las ich - Quelle vergessen -, daß man auch vermutet, 'logathore' sei ein
christlicher Fluch. Würde das bedeuten, daß Awa und Leubinie vereint sind
in der Ablehnung der alten Götter?
Auf dem Runenstein von Virring steht "Thur viki thisi kuml",
was Thor weihe diese Bestattung bedeutet. Im Hymir-Lied der Liederedda wird
Thor als "Weiher" (Véorr / Weor) bezeichnet.
Vermutlich war Thors 'Weihekraft' mit der Kraft seines Hammers verbunden. Noch um die letzte Jahrhundertwende legte man in Friesland der Braut einen Hammer in den Schoß. Thors Hammer wird mit Fruchtbarkeit in Verbindung gebracht.
"It would seem indeed as though the power of the thunder god,
symbolized by his hammer, extended over all that had to do with well-being of the
community. It covered birth, marriage, and death, burial, and cremation ceremonies,
weapons and feasting, travelling, land-taking, and the making of oaths between
men."
[H. Ellis-Davidson]
Praxis
Wenn man etwas weihen will, bedient man sich dieses Hammersymbols.
Die einfachste Form ist die, daß man ein "Hamarsmark", ein
Hammerzeichen über etwas macht, z.B. über ein Trinkhorn bevor man
daraus trinkt. Dabei bittet man Donar um die Weihe. Ich mache das so, indem ich den Hammerstiel von oben nach unten
mit der ausgestreckten Hand zeichne, den Hammerkopf aber mit dem Unterarm der gleichen Seite darstelle (mit Faust).
Eine andere Variante ist, daß man sich eines reellen Hammers bedient,
der rituell eingesetzt wird. Schön ist ein künstlerisch gestalteter Hammer aus
Holz oder Stahl. Mit diesem Hammer macht man dann wieder das
Hammerzeichen oder legt ihn auf den zu weihenden Gegenstand. Weiht man
ideelle Dinge, wie eine Ehe, dann kann man die oben angeführte Tradition
aus Friesland weiterführen.
Neben Thor kann man natürlich auch andere Gottheiten anrufen, so die Götter, die
mit dem Recht verbunden sind (z.B. Tyr,
Forseti) oder auch die im Norden öfter
genannte Dreiheit: Odin,
Freyr, Thor.
In diesem Sinne kann man auch die im Landnámabók zu findende Schwurformel
"Hjálpi mér svá Freyr ok Njörðr og hinn almáttki Áss"
(so helfe mir Frey und Njörd und der allmächtige Ase (d.i. Odin)) verwenden.
Ähnlich auch in Oddrúnarkviða 9: "Svá hjálpi þér hollar véttir, Frigg og Freyja og fleiri goð."
(So mögen milde Mächte dir helfen, Frigg und Freyja und viele der Götter.)
Seiteninfo: 1.Autor: Stilkam | 2.Autor: ING | Weitere Autoren: - | Stand: 20.03.2020 | Urheberrecht beachten!